21.03.2017
PCE-FLIEßMITTEL ZIELSICHER EINSETZEN
Interview mit Ingo Husmann & Georg Heidrich in der TB-Info
Was beim Einsatz von PCE-Fließmitteln zu beachten ist, welche Vorteile diese Produkte bringen und welchen Nutzen Transportbetonhersteller dabei haben, berichten unser technischer Leiter Ingo Husmann zusammen mit Georg Heidrich, Geschäftsführer bei Garant Transportbeton GmbH & Co. KG im Interview mit der TB-Info.
INTERVIEW "PCE-FLIESSMITTEL SICHER ANWENDEN" ANLÄSSLICH VDB-BESUCHS
Die niedersächsischen Regionalgruppen 4 & 5 des Verbands deutscher Betoningenieure e.V., VDB, waren Ende Oktober 2016 mit 40 Personen zu Gast bei der Ha-Be Betonchemie GmbH & Co. KG in Hameln, um sich über den anwendungssicheren Umgang mit PCEs zu informieren.
Die wichtigsten Erkenntnisse fassen Husmann und Heidrich, als Leiter der Regionalgruppe 5 Initiator der Veranstaltung im Interview zusammen.
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HIER STEHT ES NOCHMAL IN VOLLER LÄNGE ZUR VERFÜGUNG:
Herr Husmann, Sie sprachen zu Beginn Ihres Vortrags über PCE-Fließmittel die grundlegenden Veränderungen in der Betontechnologie an. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Wandlungen?
Husmann: Aus meiner Sicht ist die Betontechnologie ab dem Jahr 2000 komplexer und anspruchsvoller geworden. Vor diesem Zeitpunkt konnte eine hohe Kontinuität bezüglich der verwendeten Ausgangsstoffe verzeichnet werden. Beton wurde zum Großteil aus drei bis vier Komponenten hergestellt. Dies waren Portlandzement, meistens der Kategorie CEM I 32,5 N; 32,5 R, Wasser, Zuschläge und Betonverflüssiger.
Seit 2000 gibt es zwei entscheidende Entwicklungen: Zum einen verändern sich die Zemente. Es sind neue Sorten hinzugekommen, so dass das Angebot wesentlich größer geworden ist. Zum anderen sind die enormen Entwicklungen in der Bauchemie festzustellen. Neue Rohstoffe wie Polycarboxylatether (PCE) werden für die Herstellung von Zusatzmitteln eingesetzt und ermöglichen seither die Entwicklung von sehr effektiven Produkten und die Herstellung leistungsfähigerer Betone.
Was macht den Rohstoff PCE so besonders?
Husmann: PCE-Fließmittel haben zwei entscheidende Vorteile. Sie sind sehr viel leistungsfähiger als die konventionellen Produkte. Während Fließmittel auf Basis von Lignin-, Melamin- und Naphthalinsulfonat eine Wassereinsparung von ca. 5 – 15% im Beton bewirken, können PCE-Fließmittel den Wasseranspruch um bis zu 30% reduzieren. Neben dieser Leistungsfähigkeit haben PCEs aber einen zweiten entscheidenden Vorteil:
Betontechnologische Eigenschaften lassen sich durch Rohstoffvariationen gezielter steuern. Im Gegensatz zu den konventionellen Fließmittelbasen ist PCE ein synthetischer Stoff, der sich in seiner chemischen Struktur verändern lässt. Diese Eigenschaft ermöglicht uns Zusatzmittelherstellern, Fließmittel gezielt auf einen Einsatzzweck abzustimmen und die gewünschten betontechnologischen Ergebnisse zielgenau zu erreichen.
Wieso haben PCE-Fließmittel dann so einen schlechten Ruf?
Heidrich: Oftmals werden auftretende Mängel im Beton auf die Verwendung eines PCE-Fließmittels geschoben. Dies geschieht jedoch oft zu Unrecht. Im Vergleich zu konventionellen Fließmitteln müssen beim Einsatz von PCE-Fließmitteln einige zusätzliche Parameter berücksichtigt werden, da sie generell sensibler als die konventionellen Produkte reagieren. Deshalb müssen Betonhersteller einem solchen Produkt mehr Aufmerksamkeit schenken und ihren Einsatz sorgfältiger betreuen. Eine zu hohe Dosierung beispielsweise kann sich negativ auf die Robustheit des Betons auswirken.
Mit der heutigen Veranstaltung wollten wir dazu beitragen, den Gebrauch von PCE-Fließmitteln besser einzuschätzen und auf ihre außerordentliche Leistungsfähigkeit hinweisen.
Was ist beim Einsatz solcher Fließmittel generell zu beachten?
Husmann: Um PCE-Fließmittel zielsicher einzusetzen, müssen die Ausgangsstoffe in der Betonrezeptur aufeinander abgestimmt und in Vorversuchen getestet werden. Wird der Leimgehalt durch PCE-Fließmittel stark verändert, können Schwankungen in den Betoneigenschaften auftreten. Bei manchen Einsatzbereichen wie z.B. dem Industriebodenbau müssen zudem zusätzliche Rahmenbedingungen wie die Klimaverhältnisse bei der Betonage beachtet werden.
Sie haben den Industriebodenbau eben angesprochen. Dieser Anwendungsfall war auch der Schwerpunkt Ihres Vortrags. Warum stellt dieser Bereich eine spezielle Herausforderung dar?
Husmann: Industrieböden sind besonders anspruchsvolle Bauteile – und dies auch schon in der Zeit vor der Entwicklung von PCE-Fließmitteln.
Das liegt zum einen daran, dass Industrieböden extrem hohen mechanischen und optischen Anforderungen gerecht werden müssen. Zum anderen ist das Gelingen von vielen Einflusskriterien abhängig. Bei Industrieböden ist die Kontrolle des Wasserverlustes an der Betonoberfläche von entscheidender Bedeutung, da es sonst zur Bildung von Sinterhaut, auch Elefantenhaut genannt, kommen kann. Ihre Vermeidung ist eine wichtige Voraussetzung für den fehlerfreien Bauablauf.
Was ist unter Elefantenhaut zu verstehen?
Husmann: Unter diesem Begriff ist das Austrocknen der Betonoberfläche zu verstehen. Dies führt zur frühzeitigen Verfestigung einer dünnen Schicht an der Oberfläche, die ein Erstarren des Betons vortäuscht. In Wirklichkeit findet das Erstarren aber noch nicht statt. Dieses Phänomen tritt meist nach 2 bis 6 Stunden, während der Liegezeit, auf.
Wie kann die Bildung von Elefantenhaut vermieden werden?
Husmann: Um den Wasserverlust an der Oberfläche zu verhindern, sind in der Praxis zwei Dinge entscheidend: Das das Einstellen der richtigen Blutwassermenge und die Anwendung geeigneter Zwischennachbehandlungsmaßnahmen.
Laut Dr. Krell sollte der Beton so viel bluten wie Wasser an dem Tag verdunstet. Er empfiehlt einen Richtwert von 0,3 – 0,5 Vol.-%, was 3 -5 kg/m³ entspricht.
Auch die Zwischennachbehandlung ist von zentraler Bedeutung. Forschungsergebnisse zur Elefantenhautbildung zeigen, dass diese durch Zwischennachbehandlungsmaßnahmen wie dem Auftrag eines Nachbehandlungsmittels auf Kunststoffdispersionbasis, etwa dem Ha-Be CURING Top 10, der Verwendung einer Folienabdeckung oder dem Auftrag eines feinen Wassersprühnebels vermieden werden kann.
Das Einstellen der Blutwassermenge sowie auch die Nachbehandlung sind entscheidende Faktoren und gelten unabhängig von der Rohstoffbasis des eingesetzten Fließmittels. Sie sollten unbedingt beachtet werden.
Welche PCE-Typen sind für den Industriebodenbau geeignet?
Husmann: Generell eignen sich Fließmittel, die eine gute Initialverflüssigung aufweisen und damit eine gute anfängliche Verarbeitbarkeit erreichen, die Wirkungsdauer aber dem gewünschten Glättzeitpunkt Rechnung trägt. Das bedeutet, dass die Offenzeit nur moderat verlängert werden sollte und das Rücksteifen des Betons bereits nach einer relativ kurzen Zeit einsetzt.
Die Dauer des Hydratationsprozesses erfolgt so in einer vergleichbaren Zeitspanne wie bei der Betonherstellung mit konventionellen Fließmitteln.
Konsistenzhalter oder Fließmittel mit zu langer Verarbeitungszeit sollten beim Industriebodenbau in der Regel vermieden werden, da die Liegezeiten des Betons so unnötig verlängert werden und Fehler im Bauablauf entstehen können.
Herr Heidrich, was sind für Sie als Betonhersteller die Vorteile bei der Verwendung von PCE-Fließmitteln im Industriebodenbau?
Heidrich: Für mich liegt der größte Vorteil liegt darin, dass der Einsatz von PCE-Fließmitteln den Verzicht einer Nachdosierung auf der Baustelle ermöglicht. Damit hat der Betonhersteller die alleinige Kontrolle über die Betonqualität. Er ist so in der Lage, den Beton im Werk mit präzisen Dosiertechnologien herzustellen und nach einer genau definierten Mischzeit auszuliefern. Konsistenz- und Qualitätsschwankungen zwischen verschiedenen Chargen werden so reduziert. Diese Schwankungen haben in der Vergangenheit oft zu Problemen geführt, da die Zeitspanne bis zum Glätten der Fläche chargenabhängige Unterschiede ergeben konnte. Beim Verzicht einer Nachdosierung auf der Baustelle ist die Betonqualität homogener und der Einbau läuft schneller und geregelter ab.
Herr Heidrich, meinen Sie, dass sich PCE-Produkte im Industriebodenbau durchsetzen?
Heidrich: Das ist pauschal schwer zu sagen. PCE-Fließmittel haben viele Vorteile und setzen sich in anderen Betonbauweisen immer stärker durch. Sie haben heute einen Marktanteil von über 50%. Nichtsdestotrotz haben die konventionellen Fließmittel auf Basis von Lignin-, Melamin- und Naphthalinsulfonat weiterhin ihre Berechtigung. Die Wahl des richtigen Zusatzmittels hängt stark von den Anforderungen, die an den Beton gestellt werden, ab. In manchen Einsatzbereichen sind konventionelle Fließmittel absolut ausreichend. Andere Anforderungen können ohne Verwendung PCE-basierter Produkte nicht realisiert werden. Es ist wichtig, dass wir Betonhersteller die Auswahlmöglichkeiten kennen und sie entsprechend unserer Vorhaben gezielt aussuchen können.
Vielen Dank für das Gespräch.